
Nach 50 Jahren zurück am Gründungsort: Bobo Vogt, Werner van Gemmeren und Norbert Drießen (vorne, v.l.) sowie Daniel Reis, Kurt Wolf, Wolfgang Mehring und Festus Krötz (hinten, v.l.) freuen sich in den Räumen der Werbeagentur Nachdruck über das 50-jährige XBK-Bestehen. Früher gab es dort eine Kneipe. Foto: Armin Fischer
Die Gründung des Xantener Blutwurstkomitees (XBK) kam durch eine spontane Idee: Am 11.11.1972 ist der Stammtisch im Lokal Hußmann-Arens (Römerkrug, Klever Straße) wieder einmal gut besetzt. Es wird diskutiert, getrunken und palavert. Bei all dem Spektakel stellt Hubert Spöllmann plötzlich fest, dass außer den XCV-Sitzungen an Karneval in Xanten nichts mehr geboten wird, ein Trauerspiel also. Nach kurzem Überlegen hat er eine ulkige Idee: „Da wir ja schon etwas Erfahrung mit langer Blutwurst haben, lasst uns am Karnevalssonntag eine Blutwurst von circa zehn Metern Länge durch die Stadt tragen. Ich glaube bestimmt, dass die Spielmannszüge St. Viktor und St. Helena dies Spiel mitmachen. Nach dem Umzug wird die Wurst dann in der Xantener Altstadt kostenlos verteilt.“ Da alle Anwesenden einverstanden waren, machte Spöllmann den Vorschlag, einen Karnevalsverein zu gründen und ihn – passend zum Vorhaben – Blutwurstkomitee der Altstadt Xanten zu nennen. Wenn der Nelkensamstagszug in Moers schon samstags zieht, sollte der Sonntag in Xanten eben Blutwurstsonntag und der Umzug Blutwurstsonntagszug heißen. So kam es spontan zur Gründung des Blutwurstkomitees. Zur Finanzierung der Wurst zahlten die zehn Gründungsmitglieder Hubert Spöllmann, Günter Arens, Hans und Käthi Arens, Heinz Jansen (Schepper), Heinz Weinbergen, Hans Brammen, Siegfried Schmelzer, Willi Evers und Norbert Drießen jeweils zehn D-Mark ein. Die Idee war geboren.
Sogleich machte der Verein im Jahr 1973 von sich reden. Die Altstadtmetzger Theo Kurtenbach, Siegfried Schmelzer, Kurt Wolf, Gerd und Norbert Drießen fertigten mit 12,50 Metern die längste Blutwurst der Welt und landeten damit im Buch der Superlative. Die Wurst wurde am 1. Mai auf einem Wagen durch die Stadt bis zum Rhein gefahren. Sie wurde zugunsten der Aktion Sorgenkind verkauft und erbrachte eine Spende in Höhe von 3077 D-Mark. Hubert Spöllmann war der erste Präsident des XBK und sorgte mit seinen Ideen und Aktionen dafür, dass viele Blutwurstsonntagszüge durch die Straßen der Stadt Xanten ziehen konnten. Mal wurden 65.000 Eier verkauft, mal konnte man in Xantens Gaststätten auf Nagelbrettern, die das Komitee-Emblem zeigten, gegen Geld schwarze, rote oder goldene Nägel einschlagen und somit das Bild gestalten. Um den Zug 1977 zu finanzieren, wurden speziell Xantens Gewerbetreibende und Geschäftsleute zu einer Spendenaktion aufgerufen. Die aus dieser Aktion resultierende Verlosung, zusammen mit dem Erlös aus einer Marktfete, sicherte den Zug. So ging es weiter, Blutwurstsonntagszüge gab es zunächst jährlich, ab 1978 alle zwei Jahre. Dazwischen wurden Verlosungen und Marktfeten veranstaltet, die die Finanzierung sicherten. Für die Herstellung der Xantener Blutwurst zeigten sich die Hofmetzger des XBK verantwortlich. Das waren zu der Zeit Theo Kurtenbach, Hubert Lemken, Aloys Neumaier, Gerd Rösen, Hermann Wilmsen und Kurt Wolf.
Im Januar 1981 gründete sich der Fanfarenzug XBK Grün Weiß Xanten unter der Leitung von Hans-Gerd Radovanovic und gliederte sich dem Komitee an. Bei allen Blutwurstsonntagszügen steht diese Musikgruppe mit einem Wagen an der Spitze und ist mit flotter Musik, auch außerhalb der Karnevalszeit, ein weiteres Aushängeschild des Blutwurstkomitees. Ein neues Konzept brachte Komitee-Mitglied Theo Lurvink ab den 90er Jahren in die Organisation ein: Auf dem Gelände seines Edeka-Marktes fanden Trödelmärkte statt, dabei konnte das Komitee gespendeten Kuchen verkaufen. Theos nächste Idee war dann ein Kindertrödelmarkt mit Herbstfest und immer wieder XBK-Kuchenverkauf im Eingangsbereich seines Marktes. Mit Radio Niederrhein hatte man einen Veranstalter gefunden, der in der Karnevalszeit mehrere Zeltveranstaltungen, jeweils von Altweiberdonnerstag bis Blutwurstsonntag im Ostwallpark oder auf dem APX-Parkplatz durchführte. Die XBK-Mitglieder übernahmen den Kartenverkauf und den Ordnungsdienst, dafür gab es vom Veranstalter finanzielle Unterstützung für den Verein. Das man auch auf den Bühnen in Xanten und Umgebung mit dem Blutwurstkomitee rechnen kann, zeigte und zeigt heute noch die Männertanzgruppe Flönzballett, die von Karin Romes und Maria Behr im Jahr 2006 gegründet wurde. Die Herren dieses Balletts sind mit ihren abwechslungsreichen Tanzdarbietungen immer wieder ein echtes Highlight des XBK. Bereits im Jahr 1988 hatten sieben Damen aus dem Blutwurstkomitee die Tanzgruppe Altstadt Ballett gegründet und waren erfolgreich bei den Sitzungen des Xantener Carnevals-Vereins (XCV) aufgetreten.
Mit vielen Aktionen und ganz viel persönlichem Einsatz der einzelnen Komitee-Damen und -Herren, die nicht nur Lose oder bei den Marktfeten Getränke an die Jecken verkauften, gelang es bisher 27 Blutwurstsonntagszüge zu organisieren und durchzuführen. Bei jedem Zug kommen 26 Zentner feinste Blutwurst unters Volk. Die wird von der Metzgerei Ludger Lemken hergestellt, dort in Scheiben geschnitten und durch die Komitee-Mitglieder in durchsichtigen Folienbeuteln verpackt. Ein XBK-Urgestein ist mit der Fertigung der Wurst fest verbunden: Metzger Kurt Wolf ist hier von Anfang an für den guten Geschmack zuständig. Im Jahr 2008 gab Präsident Hubert Spöllmann aus gesundheitlichen Gründen und aus Altersgründen sein Amt ab und wurde zum Ehrenpräsidenten ernannt. Die Mitglieder wählten Wolfgang Mehring zum zweiten Präsidenten des XBK. Am 17. Dezember 2009 verstarb Ehrenpräsident Hubert Spöllmann und eine Ära ging zu Ende.
Xanten ist keine Karnevalshochburg wie Düsseldorf oder Köln, das ist hier in der Domstadt schon etwas schwieriger. So hatten XBK und XCV in der Vergangenheit zusammen versucht, das Hoppeditz-Erwachen öffentlich auf dem Xantener Marktplatz stattfinden zu lassen. Mit mäßigem Erfolg. Mit dem dritten Präsidenten des XBK, Werner van Gemmeren, und dem neuen Vorstand geht man ab 2016 mit geänderten Konzepten auch neue Wege. Michael Neumaier, dessen Vater Aloys Neumaier schon vor Jahrzehnten ein XBK-Hofmetzger war, ist Gastronom des Schützenhauses Xanten und ein Sponsor des XBK. Das Blutwurstkomitee, zusammen mit dem XCV und Halt Pölje, starten dort mit einem Karnevalsabend in die Session. Und auch ab Altweiberdonnerstag bis Blutwurstsonntag kann dort bei musikalisch-karnevalistischen Veranstaltungen kräftig gefeiert werden. Leider gibt es die Gaststätte Römerkrug in der Xantener Altstadt, in der die Gründung des Vereins im Jahr 1972 stattfand, heute nicht mehr. Aber das XBK erfreut sich weiterhin wachsender Beliebtheit. Am 11.11.2022 feiert ein kleiner und feiner Karnevalsverein, das Xantener Blutwurstkomitee, sein großes 50-jähriges Bestehen.